Studie: Schockbilder auf Zigarettenpackungen sind ein Flop

Ekel-Fotos erzeugen Trotzreaktionen und spornen Teenager zum Rauchen an

(pm/sp) Die Menschen zum Nichtrauchen erziehen - wie geht das besser als durch abschreckende Fotos? Doch bei manchen Teenagern scheinen die Schockbilder eher das Gegenteil zu bewirken. Sie sagen sich: "Jetzt erst recht!" Eine Studie der RAND-Corporation hat gezeigt, dass bestimmte Teenager möglicherweise durch Anti-Tabak-Schockbilder in Geschäften eher zum Zigarettenkonsum verleiten als davon abgehalten werden. Die Studie, die vom Nationalen Krebsinstitut der USA und von der Nahrungsmittel- und Medikamentenbehörde FDA unterstützt wurde, erschien am 13. Dezember in der Fachpublikation "Nicotine & Tobacco Research".

441 Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren nahmen an dem Experiment teil. Die Einstellung der Jugendlichen zum Rauchen ermittelten die Forscher zuvor durch Fragebögen. Darin wurden die Probanden auch zu ihrem sonstigen Konsumverhalten befragt.

Die Mehrheit der Jugendlichen war fest entschlossen, gar nicht erst mit dem Rauchen anzufangen. Etwa 20 Prozent galten als gefährdet, möglicherweise zu Rauchern zu werden. Fünf Prozent hatten selbst schon geraucht. Dann wurden die Jugendlichen zum Einkaufen in ein simuliertes Ladengeschäft geschickt. Die eine Hälfte der Probanden ging in ein Geschäft, wo in der Nähe der Tabakprodukte ein Schockbild installiert war mit der Aufschrift: "WARNUNG: Zigaretten verursachen Krebs". Die andere Hälfte in ein Geschäft ohne solches Schockbild. Das Bild war eins von neun Fotos, die die FDA zuvor ausgewählt hatte, um sie auf Zigarettenpackungen anbringen zu lassen. Es war auch das Foto, welches sich bei früheren Versuchen mit Heranwachsenden als besonders effektiv erwiesen hatte.

Nach dem Einkaufsbummel wurden die Jugendlichen erneut ausführlich befragt. Dabei stellte sich heraus, dass unter den Jugendlichen, die als gefährdet eingestuft waren oder die bereits geraucht hatten und die das Schockbild gesehen hatten, die Bereitschaft sogar gestiegen war, vielleicht mit dem Rauchen zu beginnen bzw. es fortzusetzen. Auf die Einstellung der anderen Jugendlichen hatte es keinen Einfluss.

William Shadel, Hauptautor der Studie, erklärt sich das paradoxe Ergebnis durch eine sogenannte konterintuitive Wirkung. "Es ist möglich, dass gefährdete Jugendliche mit einer Abwehrhaltung auf die Poster reagierten. Sie haben die Gesundheitsrisiken, die in den Plakaten porträtiert wurden, verworfen oder heruntergespielt." Zudem könne es sein, dass das drastische Poster die Aufmerksamkeit der Jugendlichen erst auf die Wand mit den Tabakprodukten gelenkt hatte. Dort seien die Jugendlichen dann wiederum mit Werbetexten für das Rauchen angesprochen worden. "Das zeigt, dass Gesetzgeber vorsichtig sein sollten, wenn sie überlegen, [Schockbilder] als Teil der Anti-Tabak-Erziehung in Geschäften vorzuschreiben." Die Studie gab indes keine Auskunft darüber, wie Schockbilder auf Zigarettenschachteln auf Jugendliche wirken. Effektiver als Schockbilder in Geschäften ist möglicherweise ein Warnhinweis auf jeder einzelnen Zigarette. Das zeigt eine Studie, die Cancer Research UK am 11. Dezember, ebenfalls in "Nicotine & Tobacco Research", veröffentlichte. Die Forscher hatten Glimmstängel produziert, auf die in roter Schrift "Smoking kills" ("Rauchen tötet") aufgedruckt war. Dann setzten sie 1000 jungen Menschen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren verschieden gestaltete Zigaretten vor - darunter auch einige mit dem Warnhinweis. Zum Design und ihren Reaktionen wurden die Probanden im Anschluss befragt. Es zeigte sich, dass sowohl Raucher als auch Nichtraucher durch die Warnhinweise deutlich abgeschreckt wurden. Raucher waren noch stärker angewidert als Nichtraucher.

Die Bereitschaft, solche Zigaretten überhaupt in den Mund zu nehmen, brach auf etwa ein Drittel des Wertes ab, der für unbedruckte Zigaretten galt. Übrigens: Auch Zigaretten mit grün gefärbtem Papier waren deutlich weniger attraktiv für die Raucher. "Die Studie zeigt, dass Zigaretten ein wichtiges Kommunikationsmittel sind", sagte Crawford Moodie, Autor der Studie. "Wenn man ihre Erscheinungsform ändert - mit einem Warnhinweis oder einem unattraktiven Äußeren - werden sie weniger begehrenswert." George Butterworth von Cancer Research UK plädiert jedenfalls dafür, weiterhin derartige psychologische Tricks zu entwickeln, um insbesondere Jugendlichen das Rauchen zu vermiesen: "Wir müssen weiterhin innovative Wege entwickeln, um die jungen Menschen von den Zigaretten wegzuholen und sicherzustellen, dass die Anzahl junger Raucher weiter sinkt."

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